Wis­sen­schaft­le­r*in­nen der Uni­ver­si­t?t Pa­der­born un­ter­su­chen Fol­gen der Co­ro­na-Pan­de­mie für die Schw?r­tags­tra­di­ti­on

 |  Forschung

Umfrage zeigt: Schw?rtage fehlen als Ort der Begegnung

Die Corona-Pandemie durchkreuzt seit über einem Jahr zahlreiche Pl?ne für Veranstaltungen. Die Menschen müssen auf viele Traditionen verzichten – so auch auf viele Bürgerfeste, die im vergangenen Jahr nicht wie gewohnt stattfinden konnten. Um herauszufinden, welche Folgen die Corona-Krise für die Schw?rtagstradition in Ulm, Esslingen am Neckar und Reutlingen hat, haben Wissenschaftler*innen des Kompetenzzentrums für Kulturerbe der Universit?t Paderborn eine Online-Umfrage durchgeführt. Aus den ersten Ergebnissen zieht Jonas Leineweber, Projektmitarbeiter an der Universit?t Paderborn, ein Zwischenfazit: ?Die Schw?rtagstradition und die dazugeh?rigen Br?uche, Rituale und Feste sind für die Befragten ein Ausdruck von lokaler Identit?t und wurden im vergangenen Jahr insbesondere als Ort der Begegnung mit Freunden und Bekannten sowie als Ort der Gemeinschaft und Geselligkeit vermisst.“

Vom 13. Januar bis zum 16. M?rz nahmen insgesamt 1.039 Personen an der Umfrage teil. Mit ihr wollen die Paderborner Wissenschaftler*innen herausfinden, wie Stadtgemeinschaften mit den Ausf?llen der Veranstaltungen rund um die Schw?rtagstradition umgehen und welche Folgen die Absagen haben. Die Leiterin des Kompetenzzentrums Prof. Dr. Eva-Maria Seng betont: ?Die Krise beeintr?chtigt das Immaterielle Kulturerbe besonders stark in den Bereichen gesellschaftliche Br?uche, Rituale und Feste. Die hohe Teilnahmebereitschaft an der Umfrage zeigt, wie stark das Bedürfnis nach Forschung und Auseinandersetzung mit dem Immateriellen Kulturerbe auch w?hrend der Krise ist.“

?ber 70 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen gab an, in Ulm oder Umgebung zu wohnen. ?Das k?nnte ein erster Hinweis auf die besonders gro?e Relevanz und Akzeptanz der Schw?rtagstradition in dieser Stadt sein“, so Leineweber. Deshalb wollen die Wissenschaftler*innen neben der allgemeinen Auswertung in einem n?chsten Schritt auch spezifisch die Ergebnisse für Ulm analysieren.

Schw?rtage als Orte der Begegnung, Gemeinschaft und Geselligkeit

Die aktuelle Umfrage verdeutlicht den Stellenwert der Tradition: Für mehr als Dreiviertel der Befragten sei die regelm??ige Teilnahme am Schw?rtag und den dazugeh?rigen Veranstaltungen im Jahresverlauf wichtig bzw. sehr wichtig. Insbesondere die Aspekte Tradition (98 Prozent), lokale Identit?t (96 Prozent), Br?uche und Rituale (95 Prozent), Gemeinschaft (95 Prozent), Heimat (94 Prozent) und Geselligkeit (94 Prozent) pr?gen für die Umfrageteilnehmer*innen die Schw?rtagstradition. ?Diese Angaben verdeutlichen, wie stark die kulturelle Praxis von der Corona-Pandemie betroffen ist, da gerade Gemeinschaft und Geselligkeit in der Krise nur schwer miteinander in Einklang zu bringen und zu vermitteln sind“, sagt Leineweber.

Vielen Menschen fehle durch die pandemiebedingte Absage der Veranstaltungen rund um die Schw?rtage speziell das Treffen von Freunden und Bekannten (72 Prozent), das Gemeinschafts- (71 Prozent) und Geselligkeitserleben (67 Prozent), das Erleben von Traditionen und Ritualen (62 Prozent) sowie die gesellschaftliche Teilhabe (62 Prozent). Weniger bedauert werde dagegen das ausgelassene Feiern (44 Prozent).

Zukunftsszenarien für die Schw?rtagstradition

Sollte die Corona-Krise auch im n?chsten und übern?chsten Jahr anhalten, sodass die Schw?rtage mit ihren entsprechenden Festen und Veranstaltungen nicht wie üblich stattfinden k?nnen, habe das aus Sicht der Befragten erhebliche Folgen für die kulturelle Praxis – aber auch für das Leben in den Stadtgemeinschaften: ?ber die H?lfte rechnen dann sowohl mit einem einsetzenden Traditionsverlust als auch mit einem Bedeutungsverlust der Schw?rtage. Darüber hinaus befürchtet 60 Prozent der Befragten, dass dann die Unzufriedenheit in der Stadtgemeinschaft steigen k?nnte, w?hrend das Gemeinschaftsgefühl (57 Prozent) und die kulturellen Angebote (56 Prozent) in der Stadt abnehmen. ?Hier zeigt sich insbesondere für Ulm, welch hohen Stellenwert die Schw?rtagstradition für die Stadtgemeinschaft einnimmt“, so Jonas Leinweber.

Sonderstudie zu den Corona-Folgen für das Immaterielle Kulturerbe

Die Paderborner Forscher*innen untersuchen im Rahmen der Sonderstudie die Folgen der Corona-Pandemie für das Immaterielle Kulturerbe und nehmen speziell gesellschaftliche Br?uche, Rituale und Feste unter die Lupe. Dabei konzentrieren sie sich auf das Schützenwesen in Westfalen, den Karneval im Rheinland und die Schw?rtagstradition in den ehemaligen Reichsst?dten in Baden-Württemberg. Dazu Seng: ?Mit unserer Studie und den drei Umfragen k?nnen wir einerseits ermitteln, wie die Tr?gergruppen des Immateriellen Kulturerbes mit der Pandemie umgegangen sind und anderseits herausfinden, welche Aspekte der kulturellen Praxis von der Pandemie besonders betroffen und gleichzeitig für die Kulturformen wesentlich sind.“ Neben den kurz- und mittelfristigen Folgen wollen die Wissenschaftler*innen aber auch untersuchen, welche Potenziale sich durch die Krise für die Tr?gergruppen ergeben und sich als Anlass für die Weiterentwicklung und Transformation der Kulturform im Hinblick auf ihre Resilienz erweisen k?nnten.

Foto (Kirsten H?tger): Jonas Leineweber von der Universit?t Paderborn.
Foto (Universit?t Paderborn): Prof. Dr. Eva-Maria Seng, Leiterin des Projekts und des Kompetenzzentrums für Kulturerbe an der Universit?t Paderborn.

Kontakt

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Prof. Dr. Prof. h.c. mult. (HAUST, LIT) Eva- Maria Seng

Materielles und Immaterielles Kulturerbe

Inhaberin des Lehrstuhls für Materielles und Immaterielles Kulturerbe und federführende Vertrauensdozentin der Studienstiftung des deutschen Volkes

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