Die ?Institutions de physique“ werden in einem aufwendigen Editionsprojekt der Universit?t Paderborn erstmals erschlossen
Das ?Center for the History of Women Philosophers and Scientists“ (HWPS) an der Universit?t Paderborn hat Anfang Januar die Arbeit an der ersten historisch-kritischen Edition der Pariser Manuskripte des philosophischen Hauptwerks der Philosophin, Mathematikerin und Physikerin ?milie Du Ch?telet aufgenommen. Mit der editorischen Erschlie?ung der sich in den Manuskripten zeigenden ?berarbeitungsstufen der ?Institutions de physique“, deren Druckfassung erstmals 1740 erschien, wird unmittelbar an die Edition der frühen Schriften Du Ch?telets, die sogenannten Sankt Petersburger Manuskripte, angeschlossen. Das auf zun?chst zwei Jahre befristete Editionsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 413.000 Euro gef?rdert, von Prof. Dr. Ruth Hagengruber, Direktorin des Centers, geleitet und von Dr. Hanns-Peter Neumann, ebenfalls Universit?t Paderborn, organisiert. Neumann wird ma?geblich für die editorische Arbeit an den Pariser Manuskripten verantwortlich sein. Wie die Sankt Petersburger Manuskripte soll auch dieser Meilenstein in der jüngeren Publikationsgeschichte der Werke Du Ch?telets in einer leserfreundlichen Online-Edition pr?sentiert werden.
?Obwohl Du Ch?telets Leistung, Metaphysik und Physik in ein ?modernes‘ naturphilosophisches Lehrbuch mit wissenschaftstheoretischem Anspruch zusammenzuführen, in der Forschung weithin anerkannt wird, und obwohl die Institutions de physique eine beeindruckende Rezeptionsgeschichte aufweisen, fehlt bis heute eine historisch-kritische Edition dieses in der Aufkl?rung so wirkm?chtigen Textes“, erkl?rt Neumann. Dies sei umso bemerkenswerter, da sich in der ?Bibliothèque nationale de France“ (BNF) eine handschriftliche Fassung der ?Institutions de physique“ erhalten habe, die eine bedeutende Quelle für die genetische Rekonstruktion der Naturphilosophie ?milie Du Ch?telets darstelle, so Neumann weiter.
Hagengruber: ?Diese au?ergew?hnliche ?berlieferungslage kann als Glücksfall bezeichnet werden, weil sie es erlaubt, Du Ch?telets Konzeption und Revision ihrer Naturphilosophie in einem hohen Detailgrad editorisch aufzuarbeiten und zu erschlie?en. Das zu erschlie?ende Material dokumentiert eben jenen erkenntnistheoretischen, wissensmethodologischen und metaphysikgeschichtlichen Reflexionsprozess, durch den Du Ch?telets Werk eine Schlüsselrolle in der Geschichte der franz?sischen und deutschen Aufkl?rung zukommt.“
Neben der Frage nach Du Ch?telets Rezeption der Newtonianischen Physik soll vor allem auch die in der Forschung kontrovers diskutierte Frage nach dem Einfluss von Leibniz und Wolff auf Du Ch?telet beantwortet werden. Zugleich wird mit der historisch-kritischen Edition eine verl?ssliche Textgrundlage geschaffen, die es erm?glicht, den Einfluss, den Du Ch?telet auf die Philosophie Kants hat, genauer zu analysieren.
Das Center HWPS wurde 2016 zur Erforschung der Geschichte von Philosophinnen und Wissenschaftlerinnen in Paderborn er?ffnet. Es geh?rt zu den weltweit renommiertesten Institutionen auf diesem Gebiet. Ein besonderes Augenmerk des Centers liegt auf der Erforschung der Schriften von ?milie Du Ch?telet. Hagengruber betont die Bedeutung der Philosophin: ?Newton und Leibniz bestimmten die Kontroverse ihrer Epoche. Du Ch?telet integrierte beide Perspektiven und schuf damit einen neuen Weg in der Philosophie. Ihre Naturphilosophie wurde 1743 umgehend ins Deutsche übersetzt und Kant schrieb seine erste Dissertation über ihre Ideen. Er war Zeit seines Lebens von ihr beeinflusst.“
Kontakt:
Dr. Hanns-Peter Neumann, Fakult?t für Kulturwissenschaften, E-Mail: hpn@mail.uni-paderborn.de
