Am Sonntag, 21. Januar, wurde anl?sslich des traditionellen Neujahrsempfangs der Universit?t Paderborn der Forschungspreis 2017 verliehen. Die Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs ehrt damit den Chemiker Dr. Oliver Strube, Fakult?t für Naturwissenschaften, für sein Forschungsvorhaben ?Enzymmoderierte Phosphor-Regeneration“.
Der Forschungspreis der Universit?t Paderborn wurde im vergangenen Jahr bereits zum siebzehnten Mal ausgeschrieben. 2017 erhielt der Preis ein neues Format und richtete sich erstmals sowohl an Nachwuchsakademiker als auch an etablierte Wissenschaftler. Besonders au?ergew?hnliche Forschungsvorhaben sollen mit der Auszeichnung eine Realisierungschance erhalten. Er ist mit insgesamt 150.000 Euro dotiert und damit der h?chstdotierte Preis, den die Universit?t Paderborn vergibt. Die Mittel k?nnen frei im Sinne des Forschungsziels verwendet werden. Insgesamt wurden sechs Vorschl?ge eingereicht.
Nach anderthalb Jahren der F?rderung erfolgt eine Ergebnispr?sentation des Forschungsvorhabens in Anwesenheit der Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs und des Pr?sidiums in Form eines hochschul?ffentlichen Vortrages.
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Laudatio Prof. Dr.-Ing. Jadran Vrabec
Das Element Phosphor ist ein essentieller Baustein des Lebens, da chemische Phosphorverbindungen bei allen Lebewesen, inklusive Pflanzen und Pilzen, an Aufbau und Funktion in zentralen Bereichen beteiligt sind. Ihre genetischen Informationen codieren sie in Form von Desoxyribonukleins?ure (DNA), deren allseits bekannte Doppelhelix durch Phosphat-Desoxyribose aufgespannt wird und so ihr Rückgrat bildet. Weiterhin nutzen alle Lebewesen Adenosintriphosphat als Energietr?ger für ihre grundlegenden energieaufw?ndigen Prozesse: für chemische Arbeit zur Synthese organischer Moleküle, für osmotische Arbeit zum aktiven Stofftransport sowie für mechanische Arbeit zum Antrieb von Bewegungen. Auch für Knochen und Z?hne ist eine Phosphorverbindung, das Hydroxylapatit, einer der Hauptbestandteile ihrer Gerüstsubstanz. So besteht der Mensch zu etwa einem Gewichtsprozent aus Phosphor.
Angesichts seiner zentralen Rolle für das Leben ist Phosphor unverzichtbar und kann in Düngemitteln durch keinen anderen Stoff ersetzt werden. Es ist jedoch überraschend, dass dieses Element auf der Erde nur in geringer Menge verfügbar ist. Die bei weitem wichtigsten Lagerst?tten für Phosphor sind Mineralien, die es meist in Form von Phosphaten enthalten. Einige Bekanntheit hat seit dem 19. Jahrhundert Guano erlangt, bei dem es sich um ein feink?rniges Gemenge verschiedener Phosphate, Nitrate und organischer Verbindungen handelt, das aus Exkrementen von Seev?geln entsteht. Diese Vorkommen sind mittlerweile allerdings bereits weitgehend ersch?pft. Von den heute weltweit j?hrlich gef?rderten etwa 180 Millionen Tonnen an Rohphosphaten werden etwa 90 % zur Herstellung von Düngemitteln verwendet. Phosphor ist demnach eine endliche Ressource, die aus Phosphat-Erzen gedeckt wird, deren Verfügbarkeit jedoch stark schwindet und in wenigen Jahrzehnten aufgebraucht sein k?nnte. Die heute verbleibenden Quellen sind zudem oft mit Schwermetallen oder Radioaktivit?t belastet.
Nach ihrem Durchlauf durch die Nahrungskette findet sich ein Gro?teil der eingesetzten Phosphate in Abw?ssern. Diese werden derzeit in Kl?rwerken als schwerl?sliche und stark verunreinigende Salze gef?llt, was ihre Wiederverwendung unm?glich macht. Der wertvolle Rohstoff ist damit in einer chemisch ungünstigen Form und muss daher deponiert oder Baustoffen als Füllmaterial zugegeben werden. Für seine Rolle in der Nahrungskette ist er so dauerhaft verloren.
Das Forschungsprojekt von Dr. Oliver Strube begegnet dieser Herausforderung mit einem durch die Bionik motivierten Ansatz, bei dem biologische Prinzipien mit technischen Mitteln nachvollzogen werden. Das biologische Vorbild ist das durch Enzyme moderierte Phosphormanagement, welches sich durch eine hochgradige Energieeffizienz auszeichnet. So sollen Phosphorverbindungen bei der Abwasseraufbereitung durch den Einsatz von Enzymen gezielt isoliert werden, die nach anschlie?ender Aufreinigung in hochreine Phosphorsalze umgeformt und in dieser Form unmittelbar erneut in der Landwirtschaft eingesetzt werden k?nnen. Sowohl die Enzyme als auch die Tr?germaterialien w?ren wiederverwendbar.
Das Phosphatmanagement in Lebewesen wird von zwei Enzymklassen übernommen, den Kinasen und Phosphatasen. Diesem Prinzip folgt Dr. Strube und untersucht in seinem Projekt für den technischen Einsatz geeignete Paare dieser Enzymklassen sowie ein Tr?germaterial. Aus der gro?en Anzahl an Kinasen, die in der Natur verfügbar und unter verschiedensten Bedingungen aktiv sind, werden geeignete Kandidaten durch ein ausführliches Screening identifiziert, wobei Temperatur, pH-Wert und enzyminhibierende Stoffe berücksichtigt werden müssen. Diese sollen an ein spezielles Tr?germaterial gebunden werden, welches gegen die Umgebung des Abwassers stabilisierend wirkt und eine vielfache Wiederverwendung erlauben soll. Nachdem das Phosphat aus dem Abwasser durch die Kinasen an das Tr?germaterial gebunden wurde, kann es in einem nachfolgenden Reinigungsschritt durch Phosphatasen abgespalten werden. Im Ergebnis wird so hochreines Magnesium- oder Calciumphosphat gewonnen, das unmittelbar als Düngemittel eingesetzt werden kann.
Dr. Strube leistet mit seinem Forschungsprojekt im Grenzbereich von Biochemie, Verfahrenstechnik und Materialwissenschaft einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Sein Ziel ist es, ein neues Verfahren für die nachhaltige Behandlung des für das Leben essenziellen Bausteins Phosphor zu entwickeln.
Mit dieser au?ergew?hnlichen und innovativen Forschungsidee, mutig und abseits des Mainstreams einen unkonventionellen und aussichtsreichen Weg zu beschreiten, konnte Herr Dr. Strube die Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs und das Pr?sidium überzeugen. Das Pr?sidium verleiht daher Herrn Dr. Strube den Forschungspreis 2017 der Universit?t Paderborn.