Cars­ten Lin­ne­mann hielt Pra­xis­vor­trag in der Fa­kul­t?t für Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten – ?Mit gro­?en Steu­er­re­for­men kann man kei­ne Wahl mehr ge­win­nen!“

Am Dienstag, 23. Mai, hat der Paderborner CDU-Politiker Dr. Carsten Linnemann im Rahmen von zwei Modulen einen Praxisvortrag zu dem Thema ?Reformpolitik in Deutschland: Diskrepanz zwischen Idee und Umsetzung am Beispiel der Steuerpolitik“ gehalten. Die etwa 150 anwesenden Bachelor- und Masterstudierenden hatten sich zuvor im Rahmen der Module mit der Frage besch?ftigt, welche Steuerlast muss welcher Steuerpflichtige tragen und welche Wirkungen üben Steuern auf Entscheidungen und die Einkommens- und Verm?gensverteilung aus. Wie sollte ein gutes Steuersystem ausgestaltet werden und warum weicht die politische Praxis von diesen Idealen oftmals ab? Linnemann machte schnell deutlich, dass ein Politiker mit einer gro?en Steuerreform stets früher gew?hrte steuerliche Privilegien abbauen müsse, und ein solcher Schritt in der politischen Wirklichkeit eine gro?e Risiko- und Opferbereitschaft mitbringen müsse. Die meisten Politiker würden mit einem solch gewagten Schritt ihre Karriere auf das Spiel setzen, da sie insbesondere im Bereich der Steuerreformen unter einem gro?en Glaubwürdigkeitsproblem zu leiden h?tten. Quereinsteiger Linnemann, der sich insbesondere durch Vortr?ge zur Subprime-Krise einen Namen gemacht hat, pl?dierte für Steuerentlastungen bei mittleren und niedrigen Einkünften. Die Tarifkurve sei viel zu lange nicht an die Inflation angepasst worden, sodass sich der Staat an den Lohnerh?hungen bereichern k?nne. Die Folge der steigenden Steuerquote sei, dass man den Steuerpflichtigen das Geld erst wegnehme und dann mit Subventionen und Sozialleistungen entgegenwirken müsse – das sei jedoch die falsche Herangehensweise. Der Bundestagsabgeordnete, zu dessen gro?en politischen Meilensteinen die Flexirente z?hlt, beklagte sich zudem darüber, dass vielen Parteien – darunter auch die CDU – sich zu wenig über Inhalte und zu sehr über einzelne Personen definieren. Daher wünsche er sich für die Zukunft ein facettenreicheres Spektrum an Meinungen und politischen Querdenkern. Er animierte die vorrangig junge Zuh?rerschaft dazu, sich politisch zu engagieren und w?hlen zu gehen, um damit ihre Zukunft aktiv mitzugestalten. Linnemann nannte die Energiewende, die Migration sowie die Eurokrise als die drei gro?en Problembereiche, die Deutschland in den n?chsten fünf bis zehn Jahren besch?ftigen werden. 

Im Anschluss an seinen 30-minütigen Vortrag entstand eine lebhafte Diskussion zwischen Linnemann und den Studierenden, die durch Professor Jens Müller moderiert wurde. Hierbei wurden auch kritische T?ne laut: Als eine Studierende sich nach Linnemanns Meinung zum Thema Studiengebühren erkundigte, ging ein Raunen durch den H?rsaal. Linnemann reagierte politisch souver?n. Er verwies darauf, dass er als Bundespolitiker zwar der falsche Ansprechpartner für dieses Thema sei, dass er aber grunds?tzlich die Autonomie und den Wettbewerb der Hochschulen befürworte, wenn gleichzeitig sichergestellt werden k?nne, dass niemand auf der Stecke bliebe. Im Nachgang an die Veranstaltung hatten interessierte Studierende und Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der Lehrstühle von Prof. Caren Sureth-Sloane und Prof. Jens Müller in einem etwas pers?nlicheren Rahmen die Gelegenheit, weitere politische und au?erpolitische Fragen zu stellen. Linnemann tauschte sich intensiv mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu der aktuellen politischen Entwicklung und der Beurteilung von Entwicklungen in Nachbarl?ndern aus. Dabei stand auch die Frage nach der wissenschaftlichen Beurteilung von Steuerreformvorhaben im Fokus.

Text: Laura Emmighausen 

Foto (Universit?t Paderborn, Johannes Pauly): ?Mit gro?en Steuerreformen kann man keine Wahl mehr gewinnen!“ – (v. l.) Prof. Dr. Jens Müller, Carsten Linnenmann und Prof. Dr. Caren Sureth-Sloane.