Bei einer Veranstaltung der Mittelstandsvereinigung im Kreis Paderborn (MIT) im Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF) wurde auch das Schülerlabor ?coolMINT“ besucht, ein gemeinsames Projekt von Universit?t Paderborn und HNF. Hauptredner war Thomas Sattelberger. In Deutschland fehlten der Mut und die Anreize für Unternehmensgründungen, und das, obwohl das Land auf die Innovationskraft neuer Ideen angewiesen sei, wenn es im weltweiten Wettbewerb mithalten wolle, so Sattelberger. Der frühere Personalvorstand von Continental und Telekom und das einstige Mitglied der APO hat in Paderborn auf Einladung der Mittelstandsvereinigung und des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) vor mehr als 130 interessierten G?sten die Sicht eines leidenschaftlichen K?mpfers für die Marktwirtschaft pr?sentiert und davor gewarnt, in Politik und Wirtschaft noch zu lange an alten Denkmustern festzuhalten.
?Wenn wir immer den Anspruch haben, alles perfekt zu l?sen, dann bleibt wenig Spielraum für Risiken und Kreativit?t“, kritisiert Sattelberger eine nach seiner Meinung zu sehr verbreitete Herangehensweise in Unternehmen. Statt langwierig an der vermeintlichen 100-Prozent-Optimal-L?sung zu feilen, müsse in Betrieben eine strukturelle Erneuerung einsetzen, die es erlaube, kreative Prozesse zuzulassen – und somit Wagnisse einzugehen, selbst wenn diese nicht immer von Erfolg gekr?nt seien.
Für den Nachwuchs an kreativen Denkern setzt sich Sattelberger auch mit 66 Jahren noch selbst ein. So k?mpft er als Vorstandsvorsitzender der Initiative ?MINT Zukunft schaffen“ für die st?rkere Wahrnehmung der so genannten ?MINT“-F?cher (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) an Schulen und Universit?ten. Im Vorfeld seines Vortrages in der Benteler-Arena hatte er deshalb gemeinsam mit dem MIT-Kreisvorsitzenden Ulrich Lange und Paderborns RCDS-Vorsitzenden Daniel Frese das Schülerlabor ?coolMINT“ der Universit?t Paderborn besucht. Begrü?t wurde er dort auch von einem alten Bekannten, dem ehemaligen Pr?sidenten der Universit?t, Prof. Dr. Nikolaus Risch.
Das im Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF) untergebrachte Labor machte gro?en Eindruck auf den aus Schwaben stammenden Gast, der spontan seine Unterstützung bei zukünftigen Aktivit?ten dieser vorbildlichen Einrichtung zusagte. Dennoch sieht er gro?e Schwierigkeiten auf die deutsche Wirtschaft zukommen. Den meisten Unternehmen bescheinigt der Co-Autor des Managementbuchs des Jahres 2015 (?Das demokratische Unternehmen“), dass sie gr??ten Nachholbedarf in Fragen der Digitalisierung und der Führungskultur haben. Um in Zukunft erfolgreich zu bleiben, seien diese beiden Faktoren extrem wichtig, da die Wirtschaft Nordamerikas Westeuropa auf dem Digitalmarkt schon weit enteilt sei. Und nicht nur der aktuelle VW-Skandal belege, wohin die autorit?re Führung ein Unternehmen bringe.
Einen Grund für den Mangel an Innovationsfreude in Unternehmen bei gleichzeitiger Fixierung auf kurzfristige Bilanzergebnisse sieht Sattelberger in der fehlenden Unternehmer-Erfahrung bei den meisten Konzernlenkern. Laut einer Studie k?nnten nur vier Prozent der DAX-Vorst?nde auf Unternehmererfahrung verweisen. In Deutschland werde eben noch immer das altbekannte Angestelltenverh?ltnis ?mystifiziert“, so Sattelberger. Diese Sicherheitsvariante - auch innerhalb einer Managerlaufbahn - verhindere das Heranwachsen eines Biotops für Gründer. Um den Anschluss dennoch wieder herstellen zu k?nnen, bleibe auch den traditionsreichen Unternehmen nur, entweder im eigenen Haus einen N?hrboden für Innovationsbereiche zu schaffen oder das Know-how von Start-ups einzubinden.
Für Ostwestfalen-Lippe sieht Sattelberger dabei gute Chancen, denn das Exzellenz-Cluster ?it’s OWL“ sei eine hervorragende Grundlage, um durch die Zusammenarbeit von Betrieben und Institutionen aus der Forschung in Bewegung zu bleiben.
Die zentrale Bedeutung einer solch offenen Innovationskultur betonte auch der MIT-Kreisvorsitzende Ulrich Lange in seiner Begrü?ung: ?Die wachsende Dynamik im Markt hat auch den IT-Standort Paderborn mit voller Wucht getroffen. Die ?bernahmeverhandlungen bei Wincor Nixdorf und die Schlie?ung bei Fujitsu machen dies mehr als deutlich.“ Ein ?Weiter so“ werde zur Bew?ltigung dieser Entwicklung sicherlich nicht reichen. Und für ein ?Das packen wir“ sei es noch ein weiter Weg.
Unterstützung fand Sattelberger für seine Kritik an der mangelnden Risikobereitschaft und dem fehlendem Innovationsn?hrboden in Deutschland nicht zuletzt auch beim Bundesvorsitzenden der Mittelstandsvereinigung, dem Paderborner CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Carsten Linnemann. ?Ja, da ruhen wir uns aus und das müssen wir ?ndern“, sagte Linnemann.