Ers­ter pho­to­ni­scher Quan­ten­com­pu­ter in Deut­sch­land rech­net in Pa­der­born

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Forscher*innen der Universit?t Paderborn unterstreichen Vorreiterrolle in der Entwicklung lichtbasierter Quantentechnologien 

Quantentechnologien ver?ndern unser Leben. Die Erforschung kleinster Energieteilchen – der sogenannten Quanten – rückt M?glichkeiten in greifbare N?he, die lange undenkbar schienen. Neue Konzepte sollen L?sungen für gro?e Herausforderungen unserer Zeit liefern: für komplexe Zusammenh?nge im Bereich der Energiewende, die Medikamentenforschung oder abh?rsichere Kommunikation. Au?erdem bilden sie die Grundlage für Quantencomputer, deren Potenzial selbst das der besten Superrechner übertrifft. Auch wenn Quantencomputer seit einigen Jahren Gegenstand intensiver Forschung sind, ist es bisher nicht gelungen, ausreichend robuste Systeme zu realisieren. An der Universit?t Paderborn haben es Wissenschaftler*innen jetzt geschafft, Europas gr??ten Sampling-basierten Quantencomputer zu bauen. ?PaQS“ (?Paderborn Quantum Sampler“) ist im Rahmen der PhoQuant-F?rderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) von Forschenden der Universit?t Paderborn gemeinsam mit den Partnern Menlo Systems, Fraunhofer IOF Jena und Swabian Instruments aufgebaut worden. Das Projekt wird vom deutschen Quantentechnologieunternehmen Q.ANT koordiniert und in Kürze einen zweiten Sampling-basierten Quantencomputer mit Cloud Access am Standort des IOF in Jena in Betrieb nehmen. Das mit rund 50 Millionen Euro gef?rderte Projekt vereint die Expertise von 13 Partner*innen aus Wissenschaft und Industrie, um Deutschland an die internationale Spitze des photonischen Quantencomputings zu bringen.

Gro?e technologische Herausforderungen

?Quantencomputer sind ?u?erst empfindlich gegenüber Systemunvollkommenheiten. Deshalb arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit an verschiedenen experimentellen Plattformen. Die aktuell gr??ten photonischen Quantencomputer stehen derzeit in China, Singapur, Frankreich und Kanada. Jeder technologische Ansatz im Quantencomputing hat seine Vor- und Nachteile. Zum Beispiel k?nnen photonische Netzwerke, also solche, die auf Licht basieren und mit kleinen Lichtteilchen, den Photonen, arbeiten, bei Raumtemperatur betrieben und in miniaturisierten, programmierbaren Schaltungen implementiert werden. Aber sie haben mit optischen Verlusten zu k?mpfen. Diesem Problem stellen wir uns, indem wir auf die weltführende Expertise Deutschlands in der integrierten Photonik zurückgreifen. Uns ist es gelungen, einen sogenannten ?Gau?schen Boson Sampler‘ zu realisieren, der aus skalierbaren Bauelementen besteht. Dafür mussten viele Komponenten erst neu entwickelt werden. Dies ist ein aufwendiger Prozess, der anschaulich die Gr??e und Komplexit?t des Unterfangens zeigt“, erkl?rt Prof. Dr. Christine Silberhorn, Physikerin und Sprecherin des ?Instituts für Photonische Quantensysteme“ (PhoQS) an der Universit?t Paderborn, an dem das Projekt angesiedelt ist.

Mit Europas gr??ter Gau?schen-Boson-Sampling-Maschine ist jede gewünschte Konfiguration m?glich

Die Paderborner Wissenschaftler*innen haben mit PaQS Europas gr??te ?Gau?sche-Boson-Sampling-Maschine“ realisiert. Dabei wird – vereinfacht ausgedrückt – gemessen, aus welchen Ausg?ngen eines photonischen Netzwerkes die Photonen kommen. ?Das Gau?sche-Bosonen-Sampling ist ein Modell des photonischen Quantencomputers, das als Plattform für den Bau von Quantenger?ten Aufmerksamkeit erlangt hat“, so Silberhorn. Im Gegensatz zu früheren Implementierungen hat das Team PaQS mit einem vorausschauenden Blick in Richtung Systemintegration und vollst?ndiger Programmierbarkeit gebaut. ?Das bedeutet ganz konkret, dass wir ein voll programmierbares und integriertes Interferometer verwenden, mit dem wir jede gewünschte Konfiguration umsetzen k?nnen. Bei diesem Ansatz werden Lichtteilchen in einem Netzwerk von Lichtwellenleitern — man kann sich das etwa als Weichennetz in einem Rangierbahnhof vorstellen — verteilt und gelenkt. Am Ausgang des Netzwerks misst man, wo die Photonen aus dem Netzwerk herauskommen. Relevant k?nnte das zum Beispiel für die L?sung von Proteinfaltungsproblemen oder die Berechnung molekularer Zust?nde im Rahmen der Medikamentenforschung sein“, h?lt Silberhorn fest. Die vollst?ndige Programmierbarkeit bedeute au?erdem, dass selbst solche Anwendungen implementiert werden k?nnen, die sich aus zukünftigen Untersuchungen ergeben – womit eine nie dagewesene Flexibilit?t und ein hoher Grad an Anwendbarkeit einhergehen. Aktuell wird das System erweitert, um komplexere Berechnungen zu erm?glichen und als Grundlage für Untersuchungen zu zukünftigen Ger?ten zu dienen, die die Systemintegration weiter erh?hen.

Gequetschte Zust?nde treiben PaQS an

Die Implementierung eines solchen Systems erfordert ein tiefes Verst?ndnis aller beteiligten Bausteine. Quantenmechanische Ph?nomene wie das sogenannte Quetschen und die ?berlagerung oder Verschr?nkung von Photonen sorgen für die unglaublich hohe Rechenleistung von Quantencomputern. Am Anfang steht dabei immer die Erzeugung einer bestimmten Quantenressource. Silberhorn erkl?rt: ?Bei dem Gau?schen-Bosonen-Sampling ist diese Ressource als ,Squeezing‘ oder ,gequetschtes Licht‘ bekannt, dessen quantenmechanische Eigenschaften manipuliert und damit nutzbar gemacht wurden. Die Fachgruppe ?Integrierte Quantenoptik‘ an der Universit?t Paderborn hat eine lange Tradition in der Verwendung von optischen Wellenleitern, um hoch optimierte gequetschte Zust?nde zu entwickeln. Wir haben auf diese Expertise zurückgegriffen, um eine Lichtquelle zu produzieren, die die PaQS-Maschine antreibt.“

Photonische Quantencomputer

Photonische Quantencomputer nutzen Licht zur Durchführung von Quantenberechnungen, w?hrend andere Ans?tze für Quantencomputing z. B. auf supraleitenden Qubits oder gefangenen Ionen basieren. Vorteile von photonischen Quantencomputern sind u. a. ein klarer Weg hin zur Skalierbarkeit und hohe Taktraten. Aber: Noch steckt der gesamte Bereich der Quantencomputer-Technologien in den Kinderschuhen. Um jedoch die Vorteile und Herausforderungen der verschiedenen derzeit untersuchten Quantencomputer-Plattformen herauszuarbeiten, bedarf es der weiteren vertieften Forschung. Die Arbeit der Paderborner Wissenschaftler*innen bringt die internationale Quantenforschung diesem Ziel allerdings schon ein gro?es Stück n?her.

Weitere Informationen zur Quantenforschung an der Universit?t Paderborn gibt es auf unserer Themenseite.

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt PhoQuant.

Foto (Universit?t Paderborn, Martin Ratz): Blick auf den Versuchsaufbau, wo das gequetschte Licht erzeugt wird. Das Foto zeigt nur einige der optischen Elemente, die für den Aufbau des gesamten Systems erforderlich sind.

Kontakt

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Dr. Christina Alpmann

Institut für Photonische Quantensysteme (PhoQS)

Gesch?ftsführung PhoQS

E-Mail schreiben +49 5251 60-4589