Künst­li­ches Ma­te­ri­al er­laubt ge­schütz­te Licht­zu­st?n­de auf kleins­ten L?n­gen­s­ka­len

 |  Forschung

Wissenschaftler der Universit?t Paderborn ver?ffentlichen Ergebnisse in ?Science Advances“

Licht spielt nicht nur als Informationstr?ger für optische Computerchips eine Schlüsselrolle, sondern insbesondere auch für die n?chste Generation von Quantencomputern. Seine verlustfreie Führung auf winzigen Chips um scharfe Ecken sowie die pr?zise Kontrolle der Wechselwirkung mit anderem Licht stehen weltweit im Mittelpunkt der Forschung. Wissenschaftler*innen der Universit?t Paderborn haben jetzt zum ersten Mal die r?umliche Beschr?nkung einer Lichtwelle auf einen Punkt kleiner als die Wellenl?nge in einem sogenannten topologischen photonischen Kristall nachgewiesen. Das sind künstliche elektromagnetische Materialien, die eine robuste Manipulation von Licht erm?glichen. Der Zustand ist durch spezielle Eigenschaften geschützt und z. B. für die Anwendung in Quantenchips von Bedeutung. Die Ergebnisse wurden jetzt im dem renommierten Fachjournal ?Science Advances“ ver?ffentlicht.

Topologische Kristalle funktionieren auf Basis gewisser Strukturen, deren Eigenschaften von St?rungen und Abweichungen weitgehend unberührt bleiben. W?hrend bei normalen photonischen Kristallen die zur Lichtmanipulation ben?tigten Effekte zerbrechlich sind und z. B. durch Fehler in der Materialstruktur beeintr?chtigt werden k?nnen, sind sie bei topologischen photonischen Kristallen davor geschützt. Die topologischen Strukturen erlauben Eigenschaften wie die unidirektionale Lichtausbreitung und eine h?here Robustheit bei der Führung von Photonen, kleinen Lichtteilchen – Merkmale, die für künftige auf Licht basierende Technologien unverzichtbar sind.

Photonische Kristalle beeinflussen die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen mithilfe einer optischen Bandlücke für Photonen, die die Bewegung des Lichts in bestimmte Richtungen blockiert. In der Regel kommt es dabei zur Streuung – manche Photonen werden zurückreflektiert, andere kommen vom Weg ab. ?Mit topologischen Lichtzust?nden, die sich über einen ausgedehnten Bereich der photonischen Kristalle erstrecken, kann man das verhindern. In normalen optischen Wellenleitern und Glasfasern ist die Rückreflexion ein gro?es Problem, weil sie zu unerwünschten Rückkopplungen führt. Der Verlust w?hrend der Ausbreitung behindert eine gro?fl?chige Integration in optische Chips, bei denen die Photonen für die Informationsübertragung zust?ndig sind. Mithilfe von topologischen photonischen Kristallen lassen sich neuartige unidirektionale Wellenleiter realisieren, die selbst bei beliebig gro?er Unordnung Licht ohne Rückreflexion übertragen“, erkl?rt Prof. Dr. Thomas Zentgraf, Leiter Arbeitsgruppe ?Ultraschnelle Nanophotonik“ an der Universit?t Paderborn.

Das Konzept, das aus der Festk?rperphysik stammt, hat bereits zu zahlreichen Anwendungen geführt, darunter robuste Lichtübertragung, topologische Verz?gerungsleitungen, topologische Laser und Quanteninterferenz. ?Kürzlich wurde zudem gezeigt, dass topologische photonische Kristalle, die auf einer schwachen Topologie mit einer Kristallversetzung in der periodischen Struktur basieren, diese besonderen Eigenschaften ebenfalls zeigen und darüber hinaus sogenannte topologisch-geschützte stark r?umlich lokalisierte Lichtzust?nde unterstützen. Wenn etwas topologisch geschützt ist, haben ?nderungen der Parameter keinen Einfluss auf die geschützten Eigenschaften. Lokalisierte Lichtzust?nde sind für die nichtlineare Verst?rkung, die Miniaturisierung photonischer Bauelemente und die Integration von photonischen Quantenchips von gro?em Nutzen“, so Zentgraf weiter. Schwache topologische Zust?nde sind dabei spezielle Zust?nde für das Licht, die sich nicht nur aus der topologischen Bandstruktur, sondern auch aus der Anordnung der Kristallstruktur ergeben.

In einem gemeinsamen Experiment haben Forscher*innen der Universit?t Paderborn und der RWTH Aachen ein spezielles optisches Nahfeldmikroskop verwendet, um die Existenz solcher stark lokalisierten Lichtzust?nde in topologischen Strukturen nachzuweisen. ?Wir haben gezeigt, dass durch die Vielseitigkeit der schwachen Topologie ein stark r?umlich begrenztes optisches Feld in einer absichtlich herbeigeführten strukturellen Versetzung realisiert werden kann", erkl?rt Jinlong Lu, Doktorand in der Gruppe von Zentgraf und Erstautor der Arbeit. ?Unsere Studie zeigt eine praktikable Strategie für den Zugang zu einem topologisch geschützten, lokalisierten nulldimensionalen Zustand für Licht", erg?nzt Zentgraf. Mit ihrer Arbeit haben die Forscher*innen belegt, dass die Nahfeldmikroskopie ein wertvolles Werkzeug für die Charakterisierung topologischer Strukturen mit nanoskaliger Aufl?sung bei optischen Frequenzen ist.

Die Ergebnisse schaffen eine Grundlage für die Anwendung von stark lokalisierten optischen Lichtzust?nden, die auf schwacher Topologie basieren. So k?nnten für die im Experiment verwendeten Nanostrukturen auch Phasenwechselmaterialien mit einstellbarem Brechungsindex verwendet werden, um robuste und aktive topologische photonische Elemente zu realisieren. ?Wir arbeiten nun an Konzepten, die Versetzungszentren in der Kristallstruktur mit speziellen Quantenemittern zur Einzelphotonenerzeugung auszustatten", sagt Zentgraf und fügt hinzu: ?Damit k?nnten sie Anwendung in zukünftigen optischen Quantencomputern finden, bei denen die Erzeugung von Einzelphotonen eine wichtige Rolle spielt".

Zum Paper: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abl3903

Prof. Dr. Thomas Zentgraf; Nina Reckendorf, Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing

Foto (Universit?t Paderborn, Thomas Zentgraf): Jinlong Lu bei Messungen im Optiklabor.

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