Die noch erhaltenen Biedermeier-Tapeten in der Fürstlichen Bibliothek und im übrigen Schloss Corvey bei H?xter (aus den Jahren 1825 bis 1833) bieten weltweit eine der seltenen Gelegenheiten, die au?ergew?hnliche Tapeten-Kunst dieser Epoche noch unrestauriert und in ihrer beeindruckenden Farbigkeit, Materialit?t und ihrem Motivreichtum zu entdecken.
Eine Ausstellung im Foyer der Universit?tsbibliothek Paderborn vom 2. November bis zum 2. Dezember 2005 widmet sich in einem Kooperationsprojekt diesem Thema: In den vergangenen drei Jahren fotografierte die Paderborner Kunstprofessorin Jutta Str?ter-Bender (Institut für Kunst, Musik, Textil) in einer künstlerischen "Tapetenforschung" zu verschiedenen Tageszeiten und Lichtverh?ltnissen Motive auf den alten W?nden, ging den Spuren des Verfalls und der intensiven Wirkung der einzelnen Wandfl?chen nach. Der Leiter der Universit?tsbibliothek, Dr. Dietmar Haubfleisch, und die Fachreferentin für Kunst, Edeltrud Büchler, begleiteten das Projekt.
Die Ausstellung, die am Mittwoch, den 2. November, um 16.00 Uhr er?ffnet wird, ist bis zum 2. Dezember w?hrend der ?ffnungszeiten der Universit?tsbibliothek (Montag bis Freitag von 7.30 bis 24.00 Uhr, Samstag von 9.00 bis 18.00 Uhr und Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr) zu sehen.
Zusatzinformationen:
Die Geschichte der Tapeten wird der des Design und der Kulturgeschichte zugeordnet. Lange Zeit galt es als unwissenschaftlich, sich mit der Entwicklung der Tapeten, ihren Produktionsbedingungen, ihren Mustern und dem Einrichtungsgeschmack verschiedenster Bev?lkerungsschichten auseinanderzusetzen. Aber seit etwa siebzig Jahren hat sich international eine "Tapetenforschung" entwickelt. Die Gestaltung von R?umen und ihre M?bel werden als "Texte" interpretiert, die gelesen werden k?nnen; die Tapeten und ihre Designs gelten als "Muster", die nicht nur "einfach" hergestellt werden, sondern auf die Menschen ihrer Umgebung intensiv einwirken und den jeweiligen Geist ihrer Zeit, die Moden und Vorstellungen in besonderer Weise wiedergeben k?nnen.
Die Tapeten an den hohen W?nden des Corveyer Schlossmuseums und in der berühmten Bibliothek sind für die Tapetenforschung wegen ihres Designs und ihrer Raumwirkungen von hohem Interesse. In der Einrichtungsmode des frühen 19. Jahrhunderts galt es als vornehm, den W?nden eines jeden Raumes gem?? der Bestimmung eine andere Farbe zu geben. Dies geschah durchaus im Sinne einer Farbpsychologie, auch wenn dies damals noch nicht so genannt wurde. So zeigt sich die Hintergrundgestaltung des einzigen au?erhalb der Bibliothek in Corvey erhaltenen originalen Raumes, dem "Blauen Salon", in einem repr?sentativen, eleganten Wei?-Blau.
Franz?sischen Manufakturen war es Ende des 18. Jahrhunderts gelungen, mit ungew?hnlichen Produktionstechniken au?ergew?hnliche Nachahmungs- und Illusionseffekte für Tapeten zu entwickeln, die international sehr schnell erfolgreich wurden. H?chstes Ziel dieser Tapetenkunst war es, in raffinierten Nachahmungseffekten folgende Designs zu entwickeln: Landschaftspanoramen, Imitationen von kostbaren Brokat-, Damast- und Seidenstoffen, die drapiert und gerafft wurden, üppige Blumenarrangements und komplizierte Dekorationen, mit Ornamenten verziert, von Gestalten der Antike bev?lkert. Es gab sogar Imitationen beliebter Holzmaserungen wie von Mahagoni, Rosen- und Wurzelholz. Diese Tapeten, die sehr schnell als Ausdruck von Geschmackskultur und Reichtum galten und in zahlreichen Schl?ssern und Luxuswohnungen die W?nde bedeckten, waren sehr kostspielig. ?rmere Schichten konnten sich nur einfachere Drucke oder Schablonendekorationen an den W?nden leisten.
Nach 1830 kamen andere Designs in Mode. Die Schlossr?ume von Corvey sind in Europa eine der seltenen M?glichkeiten, diese au?ergew?hnlichen Luxustapeten noch im Originalzustand bewundern zu k?nnen. Die authentische Raumwirkung der blau-wei?en Tapete, welche die Draperie eines gestreiften Seidenstoffes imitiert und mit Bordüren antiker Motive abschlie?t, ist beeindruckend. Diese Tapete gilt als eine der sch?nsten ihrer Epoche. 365体育_足球比分网¥投注直播官网 sollte auch im Kontext der Damenmode jener Zeit beachtet werden.