Hu­man­is­mus in his­tor­ischen Kris­en­zeiten

 |  Forschung

Deutsch-italienisches Forschungsprojekt nimmt Narrative des Humanismus in der Weimarer Republik und im Exil unter die Lupe

Freiheit, Toleranz, Menschenwürde – Was lehren uns Krisen über den Humanismus und vor welchen Herausforderungen stehen wir heute? Mit diesen Fragen besch?ftigen sich Wissenschaftler*innen der Universit?ten Paderborn, Verona und Foggia in einem neuen literatur- und kulturwissenschaftlichen Forschungsprojekt. Gemeinsam untersuchen die deutschen und italienischen Wissenschaftler*innen Narrative des Humanismus in essayistischen, journalistischen und kulturpolitisch ausgerichteten Texten der Weimarer Republik und des Exils der Nachfolgejahre. Ziel ist es, eine historisch-arch?ologische Bestandsaufnahme humanistischer Diskurse in historischen Krisenzeiten durchzuführen. Die Erschlie?ung der Texte soll dazu beitragen, sich den aktuellen Herausforderungen eines Humanismus für Europa zu stellen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) f?rdert das an der Universit?t Paderborn durchzuführende Tagungsprojekt im Rahmen des Programms ?Hochschuldialog mit Südeuropa“ mit 18.000 Euro.

Im Zentrum des l?nderübergreifenden Projekts steht der Wissenstransfer. Die Kooperationspartner*innen Prof. Dr. Claudia ?hlschl?ger von der Universit?t Paderborn und ihre italienischen Kolleg*innen Prof. Dr. Arturo Larcati, Prof. Dr. Isolde Schiffermüller und Prof. Dr. Lucia Perrone Capano untersuchen heterogene und zum Teil auch widersprüchliche Konzepte des Humanismus in der Weimarer Republik und im Exil. So sollen Kristallisationspunkte humanistischer Wirksamkeit auch für die Gegenwart identifiziert und Herausforderungen für eine aktuelle Standortbestimmung aufzeigt werden. Dazu ?hlschl?ger: ?Durch die Auseinandersetzung mit den durchaus heterogenen Konzepten des historischen Humanismus soll der kritische Geist der jungen ?Generation EU‘ beispielsweise für die Verteidigung demokratischer Grundwerte oder den Widerstand gegen Populismus innerhalb und au?erhalb Europas gesch?rft werden.“

Positionen des Humanismus zeichnen sich ?hlschl?ger zufolge besonders in Zeiten historisch-politischer Umbrüche durch eine starke Tendenz zur sinnstiftenden Narrativierung aus: ?In unserem Projekt wollen wir historische Rezeptionslinien humanistischen Denkens rekonstruieren, die in der ?ra der Weimarer Republik und der nachfolgenden Zeit des Exils aufgerufen, umgeschrieben und zuweilen popul?r werden.“ Die Wissenschaftlerin betont die Aktualit?t dieser Thematik: ?In der Gegenwart erleben wir eine durch vielf?ltige Faktoren und Ideologien ausgel?ste Krise Europas, die sich aufgrund der Corona-Pandemie radikal versch?rft hat. Das zeigt sich insbesondere darin, dass Europa als multikultureller, politischer, ?konomischer und supranationaler Staatenbund durch nationalistische, autorit?re und patriotische Ansprüche einzelner Staaten auseinanderzubrechen droht. Wir beobachten entsprechende Exklusions- und Repressionsmechanismen, die in individuelle oder kollektive Katastrophen zu münden drohen. Menschliche Grundrechte und Werte wie Freiheit, Toleranz und Menschenwürde werden dabei radikal in Frage gestellt.“

Foto (Fotoatelier Juan Zamalea): Prof. Dr. Claudia ?hlschl?ger lehrt und forscht seit 2004 am Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft.

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Prof. Dr. Claudia ?hlschl?ger

Komparatistik/Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft

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