Im Dop­pelpack zu mehr En­er­gie

 |  Forschung

Tandemsolarzellen für die Umwelt

Gerade hat der Weltklimarat in einem Sonderbericht neue Erkenntnisse zur Erderw?rmung ver?ffentlicht und zum Handeln aufgefordert: Notwendig seien schnelle und beispiellose ?nderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen, hei?t es dort. Als Hoffnungstr?ger gelten vor allem erneuerbare Energien. 2017 machten sie in Deutschland 33 Prozent des Stromverbrauchs aus, teilt das Statistische Bundesamt mit. Rund sechs Prozent davon stammen aus der Photovoltaik. ?Ein Trend, der durchaus ausbauf?hig ist“, meint Prof. Dr. Thomas Kühne von der Universit?t Paderborn. Gemeinsam mit Kollegen aus Industrie und Forschung arbeitet er an dünnschichtigen Solarzellen, die fast das ganze Lichtspektrum umwandeln und somit mehr Energie als herk?mmliche Varianten erzeugen k?nnen. Auch in der Produktion bietet die neue Technologie Vorteile.

?Bei dem Projekt geht es um sogenannte Tandemzellen. Nach dem Passieren einer ersten Solarzelle und einer transparenten Zwischenschicht soll das Licht zur weiteren Stromerzeugung in einer zweiten Zelle genutzt werden“, erkl?rt Dr. Hossein Mirhosseini, der die Gruppe ?Multiskalenmodellierung von Energie Materialien“ am Lehrstuhl von Prof. Dr. Kühne leitet. Der Hintergrund: In der ersten Zelle wird nur ein gewisser Teil des Lichts umgewandelt. Das übrige Spektrum bleibt ungenutzt, womit potentielle Energie verloren geht. Mehrere übereinander liegende Solarzellen erlauben es, verschiedene Farben des Lichtspektrums gleichzeitig für die Energieerzeugung zu nutzen. Kühne erkl?rt: ?Die jeweiligen Farben haben verschiedene Wellenl?ngen. Für das menschliche Auge ist zum Beispiel nur der Bereich zwischen 400 (blau) und 780 (rot) Nanometern sichtbar. Konventionelle Zellen, die einzeln wenig elektrischen Strom produzieren, k?nnen je nach Material nur bestimmte Bereiche des Lichts verarbeiten“. Bei Tandem- oder auch Tripelzellen bestehen die Schichten aus unterschiedlichen Materialien, die durch lichtdurchl?ssige organische Leiter verbunden und so jeweils auf einen anderen Wellenl?ngenbereich des Lichts ausgelegt sind. ?Unsere Hauptaufgabe ist hierbei die rechnergestützte Vorhersage von sogenannten transparenten Lochleitern. Damit einher geht eine Optimierung, die teilweise eine Steigerung des Wirkungsgrades um bis zu 50 Prozent bewirkt“, so der theoretische Chemiker weiter.

Für die Massenproduktion geeignet  

Im Zuge der Energiewende soll der Anteil an erneuerbaren Energien in Deutschland bis zum Jahr 2050 auf mindestens 80 Prozent steigen. ?Dafür müssen aber auch die Produktionsbedingungen passen“, r?umt Mirhosseini ein. Bei dem Vorhaben, das den Namen ?speedCIGS“ tr?gt, erforschen die Wissenschaftler deshalb zus?tzlich, wie Herstellungsprozesse für sogenannte CIGS-Dünnschichtsolarzellen beschleunigt werden k?nnen. Ziel ist es, für die Industrie attraktiver zu sein. Die Vorteile sind vielf?ltig: ?Neben organischen und lichtdurchl?ssigen Zwischenschichten arbeiten wir auch an der eigentlichen Dünnschichtsolarzelle bestehend aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen. Von der englischen ?bersetzung der Elemente stammt übrigens auch der Name CIGS ab. Daraus l?sst sich eine Solarzelle herstellen, die sich durch einen hohen Wirkungsgrad auszeichnet und die für die Massenproduktion durch geringen Materialaufwand besonders interessant ist. Da die verwendeten Elemente allerdings relativ teuer und zum Teil giftig sind, arbeiten wir daran, sie durch m?glichst verfügbare und unbedenkliche Materialien zu ersetzen“, so Mirhosseini weiter.

Mithilfe von neuartigen Simulationsmethoden, die in der Arbeitsgruppe um Kühne entwickelt werden, sollen neue Materialien mit wohldefinierten Eigenschaften vorgeschlagen werden. Der Vorteil von Simulationen liegt u. a. darin, dass Materialeigenschaften am Computer genauestens vorhergesagt und dann im Labor produziert werden k?nnen. Konkret geht es dabei um eine Kombination von Methoden der Experimentalphysik, die Vakuumtechnik und Halbleiteranalytik miteinander vereint.

An dem Vorhaben, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit rund 4,7 Millionen Euro über eine Laufzeit von vier Jahren gef?rdert wird, sind der Anlagenbauer Manz AG (Reutlingen), das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung ZSW (Stuttgart), das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, die Universit?ten Jena und Paderborn sowie die Wilhelm Büchner Hochschule Darmstadt (Projektkoordination) beteiligt. An der Universit?t Paderborn sollen die Aktivit?ten zusammen mit anderen Gro?projekten zum Thema Nachhaltigkeit in das neugegründete ?Center for Sustainable Systems Design (CSSD)“ integriert werden.

Nina Reckendorf, Stabsstelle Presse und Kommunikation

Foto (Steve Rainwater, flickr; Link: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/): Solarzellen für die Energiegewinnung.
Abbildung (AK Kühne): Modell einer typischen CIGS-basierten Tandemzelle, mit den vorherzusagenden transparenten p-leitenden Kontaktschichten dazwischen.
Foto (CIGS, Manz AG): Kick-off Meeting des ?speedCIGS“ Proejkts beim Anlagenbauer Manz AG in Schw?bisch Hall. Aus Paderborn dabei waren Dr. Hossein Mirhosseini (4. v.r. vorne), Hendrik Wiebeler (6. v.r. hinten) und Prof. Dr. Thomas Kühne (8. v.r. vorne).

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