Unsere heutige Gesellschaft ist gepr?gt von den verschiedensten Religionen: L?ngst leben Christen, Juden oder Muslime in vielen Teilen Deutschlands Tür an Tür. Immer wieder aber wird das Zusammenleben schwer erschüttert, besonders durch das Ph?nomen des religi?sen oder pseudo-religi?sen Terrorismus. Umso wichtiger ist es, Projekte und Ideen zu entwickeln, die ein friedliches Zusammenleben erm?glichen. Einige wurden jetzt w?hrend einer Podiumsdiskussion der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) vorgestellt.
Ein permanenter Ort des interreligi?sen Dialogs soll in Berlin entstehen. Im Projekt ?House of One“ wollen Juden, Christen und Muslime ein Haus errichten, unter dessen Dach eine Synagoge, Kirche und Moschee vereint sind. Rabbiner Andreas Nachama, Vorstandsmitglied des Projekts, reiste extra aus Berlin an und stellte die Idee w?hrend der Podiumsveranstaltung vor. Entstehen soll das Haus auf dem Petriplatz in Berlin Mitte. "Alle Religionen k?nnten dort Gottesdienste halten. Das w?re etwas weltweit Einzigartiges", freut sich Rabbiner Andreas Nachama.
Auch die Drei-Religionen-Schule in Osnabrück betrat im Jahr 2012 p?dagogisches Neuland: "Für jede Religion ist ein Drittel der verfügbaren Schulpl?tze vorgesehen", erl?uterte Winfried Verburg, Leiter der Abteilung Schulen und Hochschulen im Bisch?flichen Generalvikariat Osnabrück. Die Pl?tze für jüdische Schüler würden jedoch bislang noch nicht ausgesch?pft. Hintergrund dieser besonderen Schulform: "Die jungen Menschen müssen eine religionsplurale Gesellschaft betreten und gestalten. Darauf werden sie am besten in der Schule vorbereitet", erkl?rte Verburg. Dazu geh?re auch die Erkenntnis der Kinder, eine "bleibende Differenz" anzuerkennen und auftretende soziale Probleme l?sen zu k?nnen. Das Beachten der verschiedenen Speisevorschriften ist genauso Bestandteil der Osnabrücker Schule wie ein interreligi?ser Schulkalender. Rund 100 Kinder werden dort aktuell unterrichtet; das Interesse sei enorm, so Winfried Verburg.
?ber reichlich multireligi?se Erfahrung verfügt auch Bischof Anba Damian. Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland füllte beispielsweise vor einigen Jahren eine alte Milit?rkaserne in Borgentreich "mit Leben", indem er regelm??ige Treffen mit Anh?ngern der verschiedensten Glaubensrichtungen organisierte. Aktuell suchen viele Flüchtlinge in Damians Kloster in H?xter-Brenkhausen Hilfe und Unterkunft. "Es ist sogar zu einem Zufluchtsort für Muslime aller Nationalit?ten geworden", sagte Bischof Damian. Und auch, wenn nicht alles "Friede, Freude, Eierkuchen" sei, so nehme die Hilfs- und Spendenbereitschaft der Menschen sehr zur Freude Damians immer mehr zu.
Auch eine anwesende Frau im Publikum knüpfte w?hrend der Podiumsdiskussion im Forum St. Liborius an diesen Punkt an: "Wir erleben eine unglaubliche Chance, dass der interreligi?se Dialog in die Gemeinden geht, weil die Menschen Antworten suchen und die Erlebnisse in der Welt gar nicht mehr so weit weg sind." Hautnah miterlebt hat die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Menschen verschiedener Religionen auch Idris Nassery. Der Promovend des Graduiertenkollegs Islamische Theologie an der Uni Paderborn wuchs in Kabul auf und besch?ftigte sich in der ganzen Welt - Iran, Libanon oder Israel - mit der Multireligiosit?t. Seine jetzige Mitarbeit und Forschung am Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaft der Uni Paderborn sieht er als seinen pers?nlichen Beitrag zur Verst?ndigung der Religionen. Auf die Frage von Moderator Peter F??ler, Geschichts-Professor an der Paderborner Uni, ob der interreligi?se Dialog in Zukunft auch st?rker die Basis erreichen werde, antwortete Rabbiner Andreas Nachama abschlie?end: "Die eigene Identit?t bildet sich an Fremdheitserfahrungen aus. Der interreligi?se Dialog kann nicht nur auf doktrineller Ebene stattfinden, sondern in der konkreten Auseinandersetzung mit den Menschen vor Ort."
Text: Ingo Kalischek
Im Auftrag der KHG Paderborn