Ring­vor­le­sung

Win­tersemester 2011/12: Auto­mat­is­men Re­vis­ited

Drei Jahre nach dem Start und mit einer neuen Generation von KollegiatInnen widmet sich das Graduiertenkolleg "Automatismen" im Wintersemester 2011/12 erneut seinem Kernkonzept. Ziel der Ringvorlesung ist, eine Bestandsaufnahme der bisherigen Forschung zum Thema "Automatismen" und deren Ergebnisse vorzunehmen. Dazu berichten die beteiligten BetreuerInnen aus den Bereichen Soziologie, Medienwissenschaft, Medien?sthetik, Germanistik, Informatik und Filmwissenschaft aus ihrer eigenen Forschung. Im interdisziplin?ren Austausch soll diskutiert werden, welche Anknüpfungspunkte in diesen Forschungsbereichen zu Automatismen bzw. Entautomatisierung bestehen und welche Anregungen sich daraus für die weitere Automatismen-Forschung ergeben.

 

Raum: E5.333

Zeit immer: 18.15h

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Dienstag 18.10.

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Hannelore Bublitz (Paderborn)
AUTOMATismen



Der Automat erscheint als Wiederholungsmaschine. Aber als technisch-apparativer Spiegel ist er mehr als das, n?mlich eine Maschine des Selbst-Bezugs: ?Reflexionsinstrument‘ des Subjekts im doppelten Sinne wie auch Metapher unbewussten Geschehens. Zugleich bildet er als Folie somatischer Praktiken und überwiegend unbewusst gesteuerter Dispositionen das Modell eingespielter und antizipierter Abl?ufe, die die Komplexit?t der sozialen Praxis reduzieren. So zeigt sich eine gewisse ?hnlichkeit zwischen selbstt?tigen Maschinen und Kulturtechniken. Der Vortrag spannt den Bogen zwischen technischen Automaten und sozialen Techniken. Er zeigt, wie Automatismen auf vielschichtige Weise mit Techniken des Selbst und der Sozialit?t verschr?nkt sind.


Dienstag 15.11. |

Ralf Adelmann (Paderborn)
Listen und Ranken. Zur medialen Strukturierung des Internets



Die Strukturierungsleistungen des Internets unterscheiden sich von denen anderer Medien. Listen, Rankings, Tags, Sterne usw. sind mediale Formen von quantitativen und qualitativen Wissen- und Ordnungssystemen im Netz, die auf Datenbanklogiken und auf Praxen der Aneignung basieren. Deren Effekte, wie Automatismen und ungeplante Strukturen, entspringen dem Zusammentreffen von Bottom-up- und Top-down-Prozessen.


Dienstag 29.11. |

Inga Lemke (Paderborn)
Der Künstler als Apparat und Maschine



“Der Künstler ist nur ein Aufnahmeorgan, ein Registrierapparat für Sinnesempfindungen…“ (Paul Cezanne) ?I want to be a machine…“ (Andy Warhol)
Die Bezeichnung des Künstlers als ?Apparat“ und ?Maschine“ steht als Metapher für ein gewandeltes, jeweils neues historisches Selbstverst?ndnis des Künstlers und allegorisch für eine damit einhergehende ver?nderte Auffassung des künstlerischen Produktionsprozesses. Inwieweit und wie sind Selbstbild und Verfahren von Künstlern auf Apparate, Wahrnehmungstechnologien und Prozesse der Reproduktion und industriellen Produktion bezogen? Und welcher Stellenwert kommt dabei der künstlerischen Auseinandersetzung mit ?Automatismen“ zu? Der Vortrag m?chte diese Fragen einmal nicht am Beispiel der surrealistische Produktionsmethode des Automatismus, sondern anhand des Sp?twerks Paul Cezannes und der Arbeiten Andy Warhols in der frühen ?Factory“ -Zeit exemplarisch beleuchten.


Dienstag 13.12. |

Norbert Otto Eke (Paderborn)
Paradoxale Fügungen. Inszenierungen mnemonischer Automatismen und epiphanischen Erscheinens



Die Literatur ist voll von Bildern mnemonischer Automatismen, die den Prozess des Schreibens in Gang setzen. Von Goethe, über Heine und Proust bis zu Uwe Timm er?ffnen Inszenierungen der Mneme den Fluss des Erz?hlens. Ihnen zur Seite stehen Markierungen epiphanischen Erscheinens, von denen aus sich das dann erz?hlend durchmessene Feld der Erinnerung ?ffnet (wie in W. G. Sebalds Roman ?Austerlitz“, der mit einer Epiphanie der Vergangenheit beginnt) oder die zum Baustein ?sthetischer Selbstverst?ndigungen werden (wie etwa bei Rainald Goetz oder Wilhelm Genazino). In den Inszenierungen mnemonischer Automatismen und des epiphanischen Erscheinens in der Literatur schwingt die Vorstellung der Unterbrechung mit: Das Erz?hlen ?ffnet, indem es sich ?ein Bild macht‘ einen anderen Zeit/Raum des Nichtidentischen, Diskontinuierlichen. ?Sich ein Bild machen, hei?t in die Gegenrichtung zu deuten.“ (Herta Müller) Auf paradoxale Weise treten hier Vorstellungen der Strukturentstehung und der Strukturbrechung (Entautomatisierung) in einer paradoxalen (gegenstrebigen) Fügung zusammen. Ihrer Spur wird der Vortrag folgen.


Dienstag 10.1. |

Friedhelm Meyer auf der Heide (Paderborn)
Algorithmische Grundlagen für die Selbstorganisation von Roboterschw?rmen


In Zukunft k?nnen gro?e Roboterschw?rme z.B. für die Erkundung unbekannten Gel?ndes oder für Katastropheneins?tze genutzt werden. Die Koordination solcher Schw?rme stellt eine interessante neue Herausforderungen dar, da sie wegen ihrer Gr??e, ihrer Dynamik und der eventuell nicht verhandenen Infrastruktur (weitreichende drahtlose Kommunikation, GPS) h?ufig nicht mehr durch eine zentrale Instanz gesteuert werden k?nnen. Deshalb ist autonomes Verhalten der einzelnen Roboter wünschenswert. Dabei verfügt jeder einzelne Roboter nur über sehr eingeschr?nkte Information über den aktuellen Status des gesamten Schwarms, z.B. kennt er nur die relativen Positionen seiner n?chsten Nachbarn.
Im Vortrag gehe ich der Frage nach, wie sich ein Roboterschwarm unter diesen Umst?nden ohne externe Unterstützung organisieren, also z.B. an einem Ort versammeln oder eine bestimmte Formation bilden kann. Dazu werde ich sog. lokale Algorithmen für derartige Aufgaben vorstellen, analysieren und ihr Verhalten durch Simulationen veranschaulichen. Diese Fragestellungen sind eng verwandt mit der Untersuchung von Schw?rmen von V?geln oder Fischen. Allerdings ist es nicht mein Ziel, das Verhalten solcher biologischen Schw?rme zu entr?tseln. Vielmehr dient mir ihr Verhalten als Inspiration für die Entwicklung von Algorithmen.


Dienstag 24.1. | Annette Brauerhoch (Paderborn) | Der Vortrag beginnt um 19 Uhr s.t.


Film: Zwischen Automatisierung und Entautomatisierung



Für Kracauer bildet Film nicht nur DAS Medium der Moderne, das Automatisierungen in der Gesellschaft spiegelt sondern auch das Medium, das diese Vorg?nge und Zust?nde wahrnehmbar macht. Der automatisierte Blick des Apparats ist zugleich einer der Entfremdung. Doch dieser Blick verschafft als einziger Zugang zu einer entfremdeten Welt. Mithilfe des fragmentierenden Mediums Film erlangen fragmentierte Subjekte Zugang zur Welt; über die Projektion materieller Physis wird gleichzeitig das Unbewu?te und der sinnliche K?rper angesprochen. So kommt diese Projektion materieller Schichten paradoxerweise einer Entautomatisierung gleich. Das Materielle und physisch Sinnliche des Films unterl?uft jene Strukturen, welche auf automatische Weise die Wahrnehmung des Films zu kanalisieren versuchen. Insbesondere beim Experimentalfilm bricht Materialit?t die realistischen Mechanismen des Apparates wieder auf. In der filmwissenschaftlichen Lehre kommt er deshalb bevorzugt zum Einsatz.

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Graduiertenkolleg ?Automatismen. Strukturentstehung au?erhalb geplanter Prozesse in Informationstechnik, Medien und Kultur“

Sprecher: Hartmut Winkler, Hannelore Bublitz
Konzeption und Organisation der Ringvorlesung: Irina Kaldrack und Theo R?hle